11. April 2018
“Von einer die auszog, ein Ventil zu finden”
– Miriams Erfolgsgeschichte
Ein Thema, das mich durchgängig mal mehr, mal weniger schwer beschäftigt, ist die Suche nach einem Ventil, einem Ausgleich. Ich habe einen Job, in dem ich viel mit Menschen zu tun habe, der mir zum Glück viel Spaß macht – aber zu Stoßzeiten auch viel Energie kostet. Und diese Energie füllt sich, anders als noch vor ein paar Jahren, nicht von selbst so einfach wieder auf.
Nun habe ich schon einiges probiert auf der Suche nach diesem Ventil (und nein, Sport ist das für mich nicht). Mein Freund etwa hat seines in seinem Schrebergarten gefunden. Ich liege da gerne in meiner Hängematte – da bin ich dann aber eher zu Gast in “seinem” Ausgleich.
Für meine eigene Suche war ich auf Seminaren zur Sinnfindung. Habe einen Backkurs in der Volkshochschule besucht. Und mir letztlich sogar die Strickrahmen einer deutschlandweit vertretenen Kaffeekette besorgt. An einem Samstagabend stand ich um kurz nach acht extra im Geschäft, weil ich dachte, das wäre nun endlich “mein” Ausgleich. Ein Hobby zum Entspannen. Natürlich habe ich mich gleich komplett eingedeckt mit Wolle, Strickrahmen und zugehörigem Bommelmacher. Und nein. Es wurde kein Ventil. Unzählige Online-Tutorials später, mit angestrengten Fingern und noch weniger Energie als vorher, habe ich alle Utensilien verschenkt. Den Bommelmacher erst kürzlich. Originalverpackt.
Moment. Sind das hier nicht eigentlich Erfolgsgeschichten? Kommt noch. Die Suche ging ja weiter.
Gefunden habe ich dann “Malen nach Zahlen”. Weil ich sicher war, das ist nun mein Ventil – früher habe ich das schließlich auch ganz gerne gemacht – wurden natürlich direkt Varianten für Erwachsene bestellt. Nicht unanständig. Aber groß. Zwei Bilder in 40 x 50 cm kamen wenig später an, ein Motiv mit Engel und eine Naturszene mit röhrendem Hirsch. Für den Schrebergarten. Man will ja schließlich für die Hängematte auch etwas zurückgeben.
Die ersten paar Stunden an Bild eins, dem Engel, brachten sogar ein bisschen Spaß. Ich trank dabei Tee, blieb mit der Farbe ordentlich in den Feldern – ja. Das Ganze startete vielversprechend. Doch nach und nach wich die Begeisterung Frustration. 40 x 50 cm in der Welt von Ausmalbildern ist wirklich GROSS. Ohne die Zeit gestoppt zu haben, schätze ich, ich habe mehr als 30 Stunden an dem Engel gemalt. Ok. 30 Stunden Entspannung für gut 20 Euro Bilderkosten, das klingt fair. Nur war ich nicht entspannt. Sondern vor allem froh, dass ich fertig war. Das Hirschbild fing ich noch an, zu Ende malte es dankenswerterweise eine Freundin. Inzwischen hängt es wirklich im Garten. Für mich stand allerdings fest: Auch wieder kein Ventil.
Aber wo ist denn nun der Erfolg? Ja, das Bild ist fertig. Das ist ein Teilerfolg. Höchstens. Und wo bleibt das Happy End?
Der eigentliche Erfolg ist diese Kurzgeschichte hier. Ich schreibe wieder. Und das gerne. In meinem alten Job war ich PR-Beraterin, musste schreiben, um Leistung zu bringen. Die Freude daran war schnell vorbei. Nun, nach einigen Jahren Abstand, ist sie wieder gekommen. Nicht direkt Pulitzertauglich – aber alleine heute hier zu sitzen und ein bisschen mit den Sätzen und Ideen zu spielen, tat mir mal wieder richtig gut. Ich glaube also, ich habe quasi ganz durch Zufall ein Ventil gefunden. Und nun bin ich gespannt, wie sich das weiter entwickeln wird.