15. April 2022
“Wie ich meine eigene Stimme kennenlernte”
– Olivers Erfolgsgeschichte
Singen macht mir Spaß. Am liebsten, wenn ich im Auto sitze, begleitet von coolen Liedern. Da singe ich mit – so ein bisschen, im Hintergrund. Vor anderen zu singen geht dagegen nicht so gut. Meine Stimme traut sich dann irgendwie nicht so richtig hervor und es fühlt sich wie ein Kloß im Hals an.
Eines Tages hörte ich Paul Potts mit „Nessun Dorma”, war begeistert und merkte, wie sehr ich den Kontakt zu meiner eigenen, richtigen Stimme vermisste. Hatte ich sie schon einmal richtig kennengelernt und gehört, was in ihr steckt? Was würde sie sagen, wenn ich ihr direkt ins Gesicht sehen könnte? Vielleicht könnten wir ja gemeinsam sogar anderen Freude machen?
Um das herauszufinden, nutzte ich die nächste Gelegenheit, die sich bot: eine Woche im Spätsommer. Ich buchte für mich und meine Stimme einen gemeinsamen Gesangsurlaub in den italienischen Bergen und gab mir große Mühe, alles so zu arrangieren, dass wir uns beide wohlfühlen würden.
Die Gesangslehrerin machte allen Mitgliedern der Gesangsgruppe Mut und half uns mit vielen individuellen Übungen, uns selber zuzuhören. Sie brachte uns dazu, das Individuelle in unseren Stimmen zu erkennen und sie wie einen Freund anzunehmen. So wurden unsere Stimmen immer mutiger und trauten sich etwas.
Am Ende der Woche waren wir dann so weit, dass wir uns mit unserer Stimme gemeinsam auf die Bühne trauen konnten. Für den gemeinsamen Auftritt mit meiner eigenen Stimme beschloss ich, es mit „Memories“ aus dem Musical Cats zu versuchen.
Neben dem Text, den es auswendig zu lernen galt, gab es diverse schwierige Passagen und mehr als einmal zweifelte ich daran, dass meine Stimme mich durch diese Herausforderung tragen würde.
Mit klopfendem Herzen auf der Bühne, dem Songtext in der Hand und der Gesangslehrerin am Klavier war plötzlich die Sicherheit da. Meine Stimme, mit der ich für eine Woche so intensiv geübt hatte, bot mir plötzlich eine Breite an, die ich nie für möglich gehalten hätte. Der Vortrag von „Memories“ auf der Bühne machte einfach Spaß, weil sich meine Stimme endlich hervorgewagt hatte.
Ich bin unendlich dankbar dafür, dass ich in dieser Woche meine Stimme getroffen und wie einen neuen Freund gefunden habe, dem ich vertrauen kann.